Wie finde ich die benötigte Heizleistung heraus?

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Für die Dimensionierung der Wärmepumpe (Verdichterleistung) ist es zuerst erforderlich, dass der reale maximale Heizleistungsbedarf (Heizlast) des Gebäudes bekannt ist.

Dazu wird in der Regel rechnerisch ermittelt, welcher Bedarf an thermischer Energie gegeben ist, um die Wärmeverluste des Hauses bei der Normaussentemperatur auszugleichen.

Dieser nach den meisten bekannten Verfahren rechnerisch ermittelte "höchste" Wärmebedarf tritt aber real nicht mal an den meist wenigen kältesten Tagen (etwa 1% der Heizzeit im Jahr) auf, weil keinerlei "innere" Wärmegewinne durch z.b. anwesende Personen, durch Nutzung elektrischer Geräte oder auch durch solaren Energieeintrag (Sonnenstrahlen durch Fenster) berücksichtigt werden.


Die Heizlast des Hauses setzt sich aus dem Transmissionswärmeverlust und dem Lüftungswärmeverlust zusammen. Die Transmissionswärme wird durch die Dämmung der Wände und des Daches, dem U-Wert der Fenster etc. beeinflusst.

Der Lüftungswärmeverlust ist zwar auch vom korrekten Lüftungsverhalten der Bewohner abhängig, lässt sich aber ab einem gewissen Punkt nur noch durch den Einbau einer kontrollierten Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung (KWL mit WRG) senken.

Ein äußerst lesenswerter Thread zur Thematik: http://www.haustechnikdialog.de/Forum/t/199288/Auslegung-wieviele-kW-braucht-die-WP

Neubau

Wenn das Haus erst noch gebaut werden soll, geht kein Weg um die rechnerische Ermittlung der Heizlast herum. Anzustreben ist hierbei eine raumweise Heizlastberechnung nach DIN EN 12831. Mit dieser Berechnung wird nicht nur eine Heizlast für das gesamte Haus, sondern auch für die einzelnen Räume ermittelt. Dies erlaubt die Dimensionierung der Heizflächen für eine bestimmte Vorlauftemperatur. Oder anders herum: Für festgelegte Heizflächen kann die erforderliche mittlere Heizwassertemperatur, die sich aus Vorlauf- und Rücklauftemperatur ergibt, berechnet werden.

Sind die einzelnen Bauteile eines Hauses mit ihren Maßen und U-Werten gut definiert (was bei Neubauten immer der Fall ist), so lässt sich eine Berechnung nach DIN EN 12831 auch selbst anfertigen, z.B. mit Hilfe der Demo-Version der "mh-software". Wer dies nicht kann oder mag, gibt die Berechnung in Auftrag. (Hinweis in eigener Sache: Der Admin dieses Wikis bietet diese Dienstleistung auch an - bei Interesse bitte eine Mail schreiben)

Aufgrund nicht berücksichtiger solarer Gewinne wird die Heizlast durch die DIN EN 12831 oft überschätzt. Ein guter Einstieg zum Thema ist die Seite zur Heizlast des Passipedias. Als pauschaler Korrekturfaktor werden oft 20-30% der Wärmeverluste durch die Aussenhülle von der Heizlast abgezogen. Eine genauere Rechnung liefert Methode aus dem Passivhaus-Projektierungspaket (PHPP)

Für eine Abschätzung der Heizlast auf Basis der EnEV Werte des geplanten Hauses gibt es ein tolles Tool von crink, gespickt mit vielen hilfreichen Tipps: crink's Heizlast Tool

Altbau/Modernisierung

Will der Selberbauer eine vorhandene Heizungsanlage im Bestand durch eine Wärmepumpe ersetzen, so sollte für die Dimensionierung der Wärmepumpe auf keinen Fall die Leistung des alten Kessels herangezogen werden! Öl- und Gaskessel sind meist hoffnungslos überdimensioniert, was für den effizienten Betrieb der Wärmepumpe sehr schädlich ist.

Wärmemengenzähler

Hat man mit dem Einbau der neuen Heizung noch einen Winter Zeit, so lohnt es sich, einen Wärmemengenzähler (WMZ) einzubauen oder einbauen zu lassen. Dieser wird zwischen Wärmeerzeuger (Kessel) und Heizflächen installiert und misst den Volumenstrom und die Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf und Rücklauf. Daraus wird die an das Haus abgegebene Wärmemenge berechnet. Auf diesem Weg kann man sowohl die nötige Wärmemenge für eine gesamte Heizperiode ermitteln, als auch die Tageswerte für die besonders kalten Tage im Jahr. Teilt man die Tageswerte (z.B. 120 kWh) durch 24h, so erhält man die Heizlast des Gebäudes (hier also 5kW). Unbedingt die dazugehörige Außentemperatur notieren! Zur genauen Bestimmung der Heizlast über einen möglichst vielen Tagen im Winter die durchschnittliche Außentemperatur und den Verbrauch messen und dann durch eine Regressionsgerade die Heizlast bei NAT extrapolieren, siehe 2.7 in diesem Dokument . Da hier solare Gewinne inkludiert sind, wird noch vorgeschlagen 15% zu beaufschlagen. Alternativ könnten nur Tage ohne nennenswerte Solarerträge sowie andere nicht erwartbare Gewinne wie Feste etc. für die Regressionsgerade als Datenpunkte genommen werden. Erfahrungen aus dem Passivhausbau zeigen jedoch, dass gerade bei sehr kaltem Wetter die solaren Gewinne nicht zu vernachlässigen sind und so nichts aufgeschlagen werden muss.

"Die gemessenen Tages-mittleren Heizlasten „knicken“ nach diesen Ergebnissen unterhalb von Tagesmitteltemperaturen von ca. 0 °C in einen waagrechten Verlauf ab. Dieser Zusammenhang wurde in [Feist/Werner 1993] korrekt durch solare Energiebeiträge in den kälteren Wetterperioden erklärt und in [Feist 2005] ausführlicher diskutiert. Damit stand fest, dass eine Vernachlässigung der Solarbeiträge bei der Heizlastberechnung insbesondere in sehr gut wärmegedämmten Gebäuden keine korrekten Ergebnisse mehr erbringen kann."

Gebrauchte, nicht mehr geeichte WMZ erhält man für weniger als 30 Euro zum Beispiel bei eBay. Eine Eichung ist für diese Anwendung nicht vonnöten.

Verbrauch

Will man die Heizlast anhand des bisherigen Verbrauchs abschätzen, so gibt es meist einige Messfehler:

  • Der Verbrauch kann (z.B. bei Öl) nur ungenau abgelesen werden
  • Der Wirkungsgrad bzw. Jahresnutzungsgrad des Wärmeerzeugers ist oft unbekannt.

Mit dem Verbrauchswert, dem Brennwert des verwendeten Rohstoffs, einem geschätzten Jahresnutzungsgrad und einer Faustformel für die Vollaststunden des Wärmeerzeugers lässt sich dennoch eine grobe(!) Abschätzung durchführen. Siehe dafür zum Beispiel dieses Dokument, die sogenannte Schweizer Formel. In der Schweiz werden pauschal 2300 Volllaststunden bzw. 2600 bei Gebäuden über 800m NN. Für Wasser werden nochmals 400h hinzuaddiert.

Um die Volllaststunden für die eigene Region herauszufinden, in der Klimakarte des Bundesverbandes Wärmepumpe e.V. die Gradtagzahlen für die Heizperiode und der Heizgrenztemperatur des eigenen Hauses aufaddieren. Dann das Ergebnis mal 24h und durch 20°C - (NAT in °C) teilen um die Volllaststunden zu erhalten. Für 3500 Gradtage und -15°C NAT ergeben sich folgende Volllaststunden:

3500 K d * 24h / 35Kd = 2400h

Für Warmwasser, falls im Verbrauch enthalten, noch 400 Volllaststunden hinzuaddieren.

Zuschlag für Warmwasser

Bei diesem Punkt gehen die Meinungen sehr auseinander. Häufig werden pauschale Aufschläge von 100-250W pro Person auf die Heizlast genannt. Auf der anderen Seite hat man die benötigte Leistung an ca. 360 tagen im Jahr sowieso "über", da die volle Heizleistung ja nur an den kältesten Tagen im Jahr gebraucht wird. Es bleibt also eine Frage der eigenen Risikobereitschaft, ob man auf diesen Aufschlag verzichtet. Zumindest dann, wenn noch andere Wärmeerzeuger wie Kaminöfen vorhanden sind, oder man mit dem Einsatz des WP-internen Heizstabes an ein paar Tagen in kalten Wintern kein Problem hat, sollte man den Aufschlag weglassen. Falls eine Verbrauchsabhängige Schätzung durch die schweizer Formel gewählt wurde, dann ist der Warmwasserzuschlag schon enthalten, falls im Verbrauch schon das Warmwasser enthalten war.

Zuschlag für Zwangspausen bei WP-Stromtarifen

Statt speziellen Stromtarifen und zusätzlichen Zählerkosten und extra Ausgaben für eine größere Wärmepumpe, lohnt sich es wahrscheinlich eher in eine PV- Anlage zu investieren und durch Taganhebung den günstigen PV- Strom zu nutzen.

Hat man jedoch einen Wärmepumpentarif mit vom Versorger vorgesehenen Pausen, so muss dies in die benötigte Heizleistung eingerechnet werden. Bei 4 Stunden Pause pro Tag werden zum Beispiel aus 5kW glatte 6kW (5kW*24h/20h).


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